18-14 Eine Woche im Altai und dann zur kasachischen Grenze




26. Juli 2018, Donnerstag
Wo Werra sich und Fulda küssen, sie ihren Namen lassen müssen.
Für den Ob gilt: Wo Bija sich und Katun küssen, sie ihren Namen lassen müssen.  Auf der Karte suchen wir den Quellkuss.


Von Bijsk zur gedachten Ob-Quelle. Im Dorf Werch-Obski finden wir unseren Ob-Blick.  Gekennzeichnet ist hier nichts.



Von rechts kommt der Fluss Katun, geradeaus zwischen den beiden Inseln sieht man die Bija. Dort haben wir unsere Ob-Quelle hingelegt.
Auf der Rücktour sehen wir ein Schild, das auf einen Aussichtspunkt verweist. Das könnte der offizielle Quellpunkt sein. Nach zwei Kilometern wissen wir, dass wir mit unserem Auto da nicht hinwollen. Fürs Laufen zu dem imaginären Punkt haben wir keine Lust. Wir haben unsere Bilder von der Quelle.
Wasserpumpe im Dorf Werch-Obski: N52.41862° E85.02742° Höhe 153m, gegenüber vom Sportplatz in der Kurve.
In der Nähe von Gorno-Altaisk haben wir uns eine Tour-Basa ausgeguckt. Da ist nichts. Also weiter die gute Altai-Straße entlang nach oben. Jetzt fahren wir nach den Werbeschildern. Beim ersten Camp: „Hier dürfen keine Wohnmobile rauf.“ Weiter am Fluss entlang. Hier gefällt es uns. Wo kann man stehen? Vor einer kleinen Touristen-Basis können wir kostenfrei stehen. Zum schnell fließenden Katun-Fluss sind es 15 Meter, idyllisch! Rafting-Schlauchboote schwimmen hier vorbei, die Stromschnellen verbreiten ein Grundrauschen. Es ist wieder mal „Zu-sehen“ angesagt.
Übernachtung in Manscherok


Wir zählen rund 30 Schlauchboote bis zum Abend.

Ich gehe für 1000 Rubel in die Sauna, die hier angeboten wird. Den zehnjährigen Daniel und seinen Vater lade ich mit ein, damit ich meine „Donnerstagssaunarunde“ mit netten Gesprächen - parallel zur „Neustrelitzer Donnerstagssaunarunde“ - genießen kann. Die Verständigung über einen Mix aus russisch und englisch klappt hervorragend.
Anschließend werden wir zum gemeinsamen Abendbrot eingeladen. Wir hatten schon gegessen. Alkohol gab es in Form von Wein aus kleinen Schnapsbechern für Arina und für uns beide. Alle anderen tranken keinen Alkohol. Klasse Gespräche mit dem noch in der Facharztausbildung befindlichen Orthopäden, der Psychologin, der Brokerin und dem Leiter einer Versicherungsagentur. Ein richtig schöner Abend mit richtig guten Leuten.
Übernachtung: N51.82428° E85.77770° Höhe 300m
Einen Tag vor der großen Mondfinsternis

27. Juli 2018, Freitag
Verabschiedung von unseren lieben Nachbarn. Sie fahren über den Aqua Park in Nowosibirsk zurück nach Hause nach Kemerowo. Wir bleiben noch mindestens eine Nacht hier auf der tollen Flusswiese.


28. Juli 2018, Sonnabend
Wir müssen noch etwas den Altai hinauf. 300m Höhe ist zu wenig. Nach dieser so sanften Landschaft wollen wir schroffe Schluchten sehen. Die können nur weiter oben liegen.
Mittags um Eins kommen wir los. Flohmarkt um die Ecke, kurz darauf ein Badesee. An den Badesee kommen wir nicht ran. Das Gelände ist abgetrennt. Jetzt die Straße M52 in Richtung Mongolei und in die Höhe. Nach dem späten Kaffee trinken an einer Raststätte stellen wir dank der „Reifendruck-Alarmanlage“ fest: der Reifen hinten rechts hat nur noch 0.82 Bar. Es ist kurz nach fünf Uhr. Zum nächsten Lasterfahrer: „Ich kann dir nicht helfen. Meine Reifen kann ich aufblasen und ablassen, aber einen Schlauch, um meine Anlage mit deinen Reifen zu verbinden habe ich nicht.“
Wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Russe her!!! Und das stimmt sowas von…!!! Ein anderer Autofahrer bekommt unsere Lage mit, geht mit mir zu seinem Geländewagen und nimmt seinen Profikompressor samt weiteren Reparaturwerkzeug mit. Wir blasen den Reifen auf rund 5 bar auf. Kurz bedanken und dann schnell weiter 10 Kilometer zur nächsten Schinomontasch / Reifenwerkstatt. Hier ist innerhalb einer halben Stunde der Reifen demontiert, repariert, ausgewuchtet und wieder montiert. Das ganze zum Preis von 300 Rubel, das wären keine 5€.
Unser Reifen, rechts hinten.

Da war der Nagel drin.

Gleich fertig.

Kurz nach 18 Uhr sind wir wieder voll expeditionsfähig. Wohin? Weiter hoch ins Gebirge? Wollen wir plötzlich nicht mehr. Der Respekt vor weiteren eingefahrenen oder noch einzufahrenden Nägeln ist plötzlich riesengroß. Zurück auf irgendeinen russischen Campingplatz.
Den finden wir. Ob wir da morgen früh wieder rauskommen? Die Wiese am Fluss ist recht nass. Mal sehen.
Übernachtung: N51.62603° E85.73052° Höhe: 361m

Mit dem Ankommen auf dem Platz gehen bei den Russen die Feuer an!



29. Juli 2018, Sonntag
Der Tag beginnt als Sonnentag und wir haben Sonntag. Blau und weiß grüßt es vom Himmel, der Fluss nebenan murmelt vor sich hin. Bei +9°C draußen haben wir dank Heizung jetzt 20°C im Wohnmobil. Die campenden Russen nebenan kochen auf dem offenen Feuer ihren Frühstückskaffee und die Männer stehen am Gebirgsfluss und angeln. Wir genießen gehobenen Camper-Komfort im Womo. Was besser ist? Romantischer ist es am Feuer.
Das letzte in Ulan Bator gekaufte Glas Marmelade aus Polen wird geöffnet. Lecker Kirschmarmelade.
Verabschiedung von unseren Nachbarn. Sie dürfen uns auch noch gleich aus unserem Standplatz rausschieben. Die Wiese, das Gras ist nass und glatt. Keine Chance ohne fremde Hilfe. Danke!


Beide schieben uns vn der Wiese runter.

Wir suchen die bei Maps.me angegebene Wasserstelle. Diese gibt es nicht mehr. Hier in Ut-Sema sind alle Häuser inzwischen ans fließende Wasser angeschlossen. Die Familie, die ich nach der Pumpe gefragt hatte bietet mir Wasser aus ihrem Haus an. Ganz lieb und nochmal Danke!
Bevor es in die kasachische Steppe und damit in die Hitze geht wollen wir noch ganz lange erträgliche Temperaturen im gebirgigen Altai genießen. Eine rote Straße, das heißt wohl: asphaltiert, geht 40 km hoch ins Nachbartal bis hinter Tschemal. Wir machen eine „Panoramafahrt“ und genießen die Landschaft.




Ganz hinten, ich bin gerade beim Fotografieren, hält ein Auto. Drei Frauen steigen aus, sie mussten anhalten um den „Verrückten“ aus Deutschland zu sprechen. Meine Kinder leben in Deutschland, Leipzig, Frankfurt am Main und… Eine Tochter, die in Stockholm lebt macht hier gerade Urlaub. Die üblichen Fragen nach dem bisherigen und zukünftigen Reiseweg. Oh, wau, klasse! 


Wasserstelle in Tschemal:N51.42183° E85.98297° Höhe 406m
Weiter flussabwärts suchen und finden wir einen Campingplatz am Wasser. Schöne Badestelle, an der man nicht baden darf und auch nicht baden kann. Steine und schnelle und gefährliche Strömung! Dafür gibt es eine Banja und kalte Duschen. Als die Sonne verschwindet wird es schnell kalt.




Übernachtung: Campingplatz in Tschenosch am Fluss Katun N51.59995 E85.81627° Höhe 356m

30. Juli 2018, Montag
Von Tschenosch nach Barnaul, Fahrtag
Ich ärgere mich. Zwischendurch sind wir durch den Geburtsort von German Titow,  2. Kosmonaut im Erdorbit und 4. Mensch im Weltraum. Die beiden Amerikaner Alan Shepard und Virgil Grissom hatten nur suborbitale Flüge ausgeführt, sind also nicht vollständig um die Erde geflogen. Den Hinweis zu seinem Museum hatten wir zwischenzeitlich ignoriert.
Wikipedia:
German Stepanowitsch Titow (russisch Герман Степанович Титов, wiss. Transliteration German Stepanovič Titov; * 11. September 1935 in Werchneje Schilino, Region Altai; † 20. September 2000 in Moskau, Russland) war ein sowjetischer Kosmonaut.
Wostok 1
Titow war unter den sechs Piloten, die im Januar 1961 in die engere Wahl für den ersten Raumflug genommen wurden. Bei den mündlichen und schriftlichen Prüfungen am 17. und 18. Januar 1961 erzielte er zusammen mit Juri Gagarin die besten Ergebnisse. Am 4. April wurde offiziell bestätigt, dass der erste Raumfahrer der Sowjetunion unter den drei Kandidaten Titow, Gagarin und Neljubow ausgewählt würde. Titow erfuhr am 9. April, dass man sich am Vortag für Gagarin entschieden hatte und er als Ersatzmann nominiert wurde.
In den nächsten Tagen hielt er sich stets bereit, für Gagarin einzuspringen, falls dieser aus irgendeinem Grund kurzfristig ausfallen sollte. Das war jedoch nicht der Fall, und so wurde Gagarin am 12. April 1961 mit Wostok 1 der erste Mensch, der eine Reise ins Weltall unternahm.
Wostok 2
Als Ersatzmann für Wostok 1 war Titow automatisch als Besatzung für Wostok 2 gesetzt. Unter dem Rufzeichen Orjol (Adler) startete er am 6. August 1961 mit dem Raumschiff Wostok 2 zum zweiten orbitalen Raumflug der Geschichte. Der Flug verlief technisch ohne Probleme und er konnte, anders als Gagarin während seines Fluges, sogar die Steuerung des Raumschiffs übernehmen. Zeitweise litt er jedoch unter der bis dahin völlig unbekannten Raumkrankheit und musste sich übergeben. Zum Zeitpunkt des Starts war er erst 25 Jahre und 11 Monate alt und hält damit bis heute den Rekord als jüngster Raumfahrer.
Nach über 24 Stunden Flugzeit kehrte Wostok 2 zur Erde zurück. Wie Gagarin verließ Titow die Landekapsel in etwa 7000 Meter Höhe mit dem Schleudersitz und landete am Fallschirm. Im Gegensatz zu Gagarin wurde dies jedoch auch offiziell mitgeteilt. Nach Gagarin sowie den beiden suborbitale Flüge absolvierenden NASA-Astronauten Alan Shepard und Virgil Grissom war Titow der vierte Mensch im Weltall.
Am 9. August 1961 wurde ihm der Orden Held der Sowjetunionverliehen. Als die sowjetische Raumfahrtbehörde nach einigen Monaten beim internationalen Luftfahrtverband, der Fédération Aéronautique Internationale (FAI) den Weltrekord für den längsten Raumflug beantragte, wurde dies abgewiesen. Nach den Regeln der FAI musste der Pilot zusammen mit dem Fluggerät landen. Da Titow aber Schleudersitz und Fallschirm benutzte, wurde John Glenns Flug vom 20. Februar 1962 mit Mercury-Atlas 6 mit einer Dauer von knapp fünf Stunden als Rekord anerkannt.
Ruhm und Eskapaden
Nach seiner Rückkehr wurde Titow augenblicklich ein Nationalheld, dem Verehrung in jeder Form entgegengebracht wurde.
Er genoss den Ruhm und die Privilegien, die er erhielt, brachte sich aber immer wieder durch unangemessenes Verhalten in Schwierigkeiten. Er verursachte mehrere Autounfälle, betrank sich in der Öffentlichkeit und beleidigte hohe Militärs. Nur sein Status als Kosmonaut bewahrte ihn vor den Konsequenzen.
Titow war mit Tamara Tscherkas verheiratet und hatte zwei Töchter. Tatjana wurde am 23. September 1963 als erstes Kind eines Raumfahrers geboren. German Titow starb am 20. September 2000 in seiner Sauna. Als Grund wurden eine Kohlenmonoxidvergiftung[1] bzw. ein Herzinfarkt[2] genannt. Er wurde am 25. September mit militärischen Ehren auf dem Nowodewitschi-Friedhof in Moskau beigesetzt.[3]
In Barnaul fahren wir als Erstes zum Deutsch-Russischen Haus. Es gibt in der Region noch rund 16 000 deutschstämmige Bewohner. Die übergroße Mehrheit hat die Möglichkeiten genutzt und ist nach Deutschland zurück gekehrt.

Übrigens, unsere Ansprechpartnerin / Dolmetscherin lebte bis zu ihrem 12. Lebensjahr in Niedersachsen und musste dann mit ihren Eltern zurück in die alte / neue Heimat. Den Eltern fehlte ihr Sibirien. Schwierige Entscheidungen!!!
Barnaul gefällt uns. Im Zentrum große, breite asphaltierte Straßen und repräsentative Steinhäuser. Stadt mit Geschichte und Charakter.
Übrigens, irgendwo habe ich gelesen, dass das Kulturleben hier vor allem in den vier oder fünf Theatern statt findet! Barnaul hat etwas über 200 000 Einwohner. Bildung wird hier ebenfalls groß geschrieben. Ich finde, eine lebenswerte Stadt.
Barnaul, wie fast überall in Russland: Wir werden von einer Kirche begrüßt.

In Barnaul


Barnaul, Denkmal für die Kosmonaten


Mir wird bewusst, hier in Russland gibt es schon immer eine gebildete Mittel- und Oberschicht. Und wer will, kommt mit gutem Willen auch weiter.
Wir sollten in Deutschland aufpassen mit unseren Effizienzbemühungen. Bei Kultur und Wissen darf man nicht sparen und diese beiden Gebiete sollten in der Hoheit des Staates verbleiben!!! Gerade bei den sich abzeichnenden Veränderungen im Arbeitsleben.
Übernachtung: N53.349343° E83.779489° in Barnaul, mitten in der Stadt, Krankenhäuser, Bibliothek, Lenindenkmal in der Nähe; ab jetzt keine Höhenangabe mehr, da das eingebaute Navigationsgerät mit Rückfahrkamera nicht mehr sicher funktioniert: nach einiger Zeit kommt ein Ohren betäubender Lärm aus dem Radio. Jetzt muss auch hier unsere Navi-und Smartphonedame Klara ran. Ein wunderschönes Blaupunktradio!

31. Juli 2018, Dienstag
Von Barnaul bis kurz vor die Grenze nach Kasachstan
In Barnaul kaufen wir in einem großen Einkaufszentrum ein und kommen erst gegen 13.30 Uhr aus der Stadt raus. Vorher spazieren wir um den Park herum. Wir treffen auf das Museum, welches sich den gefallenen Soldaten in Afghanistan, in Tschetschenien und in Tadschikistan widmet. Leider war es geschlossen oder wurde umgestaltet? Das dazugehörige Denkmal wurde 1991 errichtet. 



Geschlossenes Museum für die in Afghanistan, Abchasien, Tschetschenien und Tadschikistan gefallenen Soldaten.

Die Landschaft Richtung Süden wird immer ebener. Alle Flächen sind bewirtschaftet. Weiß blühende Buchweizenfelder, gelb blühende Sonnenblumen bis zum Horizont, zwischendurch das Grün verschiedener Getreidearten.

Kurz vor unserem Ziel in Rubzowsk sehen wir in einer Kurve einen See. Das könnte ein Badestrand sein. Hier wird gegrillt und sofort werden wir zum Mitessen eingeladen. Es entwickelt sich ein sehr netter Abend mit armenischem Schaschlik und russischem Wodka. Wir haben ganz tolle Gespräche. Der Google-Übersetzer hilft bei schwierigen Formulierungen, ansonsten funktioniert unser russisch schon ganz gut.
Übernachtung: N51.567323 E81.201906


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